Ich lehne mich heute weit aus dem Fester und schreibe über ein Thema mit dem selbst nicht aktiv in Berührung gekommen bin. Depressionen.
Gott sei Dank habe ich keine persönlichen Erfahrungen damit, aber in meinem Umkreis vermute ich, dass es immer mehr Menschen anders geht. Aber das ist eine andere Sache, auf die ich später vielleicht wieder eingehen werde. Schauen wir mal, wo dieser Blogeintrag mich hinführt.
Letzte Woche hat Chester Bennington, Leadsänger von Linkin Park, also Suizid begangen. Ein Schock für die Welt und mich natürlich auch. Aber auch nur, weil ich in meiner mental-halbwegs-stabilen Blase sitze und denke, dass Familie, Freunde, körperliche Gesundheit, Geld und Erfolg mehr als genug sind, um happy zu sein. Aber dem ist offensichtlich nicht so. Vor allem, wenn man geistig nicht gesund ist. Und das ist man bei einer Depression ja bekanntlich nicht.
So bin ich also mit Freunden im Garten gesessen und habe ohne viel drüber nach zu denken folgenden Worte gebrabbelt: „Arg eigentlich, da hast du sechs Kinder, eine Frau und alles Erfolg der Welt und bist trotzdem depressiv!“ worauf hin meine sehr smarte Freundin Cherrelle meinte: „Vielleicht ist er es ja gerade deswegen geworden!?“ And my mind was once again blown.
Sie hatte Recht… zumindest bis ich herausgefunden habe, dass Chester Bennington auch eine Suchtproblem hatte. Wobei ich das gerne aussen vor lassen würde.
Denn viele Menschen sind nicht suchtkrank und trotzdem depressiv. Ernstzunehmen depressiv. Nicht diese „depressiv“, dass unsere Gesellschaft gerne mal als Begriff für einen schlechten Tag oder eine schlechte Woche benutzt. Ich meine die mangelnde Lustiglosigkeit, der fehlende Antrieb, das verloren gegangene Einfühlungsvermögen und im worst case auch die Lebensmüdigkeit. The real shit. Den man im seltensten Fall auch selbst behandeln kann. Wo ein Selbsthilfebuch und ein bisschen Yoga einfach nicht mehr reichen. Sondern eine Therapie eher eine Lösung wäre.
Aber bevor man den Schritt machen kann sich Hilfe zu holen, muss man sich wohl zuerst eingestehen, dass man Hilfe braucht. Das ist ja schon mal nicht leicht, wenn man psychisch stabil ist. Jetzt muss man sich einmal vorstellen wie schwer es ist, wenn man es nicht ist.
Nun, ich selbst bin teilweise in einem Kulturkreis aufgewachsen in dem Depressionen kein Thema sind. Sowas gibt es in dieser Welt nicht. Da laufen psychisch kranke Menschen verwahrlost durch die Strassen, sprechen mit sich selbst, hören Stimmen und knallen ihren Kopf wiederholt gegen eine Wand. Solange man das nicht tut, ist eh alles im grünen Bereich. Und zur Therapie geht man sowieso nicht. Man kann ja auch mit Freunden und Familie sprechen, anstatt sein Geld beim Fenster rauszuwerfen und jemanden dafür zu bezahlen, dass er einem zuhört. Von medikamentöser Behandlung will ich gar nicht erst anfangen.
Wenn ihr mich fragt, eine waghalsige und sehr ignorante Art und Weise mit dem Thema umzugehen. Eine Denkweise, die man dringenst überarbeiten muss, denn eine Depression ist eine Krankheit – wie jede andere auch. Man sieht sie nur nicht auf den ersten Blick. Aber das tut man bei Krebs auch nicht immer.
Wie gesagt ich selbst hatte noch nie eine Depression. Liebeskummer, Trauerschmerz und Schockerlebnisse, ja. Aber Depression, das ist ein ganz anderes Level, von dem ich verschont geblieben bin, das ich aber bei einigen Menschen in meiner Umgebung beobachtet habe.
Allerdings nicht immer so ernst genommen habe, wie ich sollte. Ich war eine von den Blöden, die zu den chronisch traurigen Menschen, Sachen wie „mach Sport“, „schau auf deine Ernährung“ oder „schreib ein Tagebuch“ gesagt hat und die Ernsthaftigkeit der Situation nicht immer erkannt habe. Dabei hätte ich einfach „Hey, ich glaube du bist depressiv. Sollen wir dir gemeinsam Hilfe checken?“ sagen und es dann auch letztendlich tun sollen. Aber ich war jung, dumm und nicht sehr einfühlsam in meiner pseudo-heilen Lifestylewelt.
Ein paar der Freundschaften sind daran zerbrochen. Aus ein paar habe ich mich zurück gezogen. Wobei ich nicht sicher bin, ob das so schlau war, aber ich konnte nicht anders. Nach all den Jahren und gescheiterten Hilfeversuchen, war ich für die Person irgendwie nur noch der emotionale Boxsack, der nicht nur Seitenhiebe, sondern auch viel Frust abbekommen hat. Das war für mich ehrlich gesagt nicht mehr erträglich, also bin ich gegangen. Und bin mir bis heute nicht sicher, ob das die beste Entscheidung war.
Ich schweife mal wieder ab… Was ich eigentlich mit diesem Beitrag bewirken möchte ist, bei uns allen in Erinnerung zu rufen, dass eine Depression eine ernstzunehmende Sache ist. Egal in welcher Form (habt ihr zum Beispiel schon mal was von Schwangerschaftsdepression gehört?! It’s a real thing!) Kümmert euch um die Person, so gut es geht. Helft ihr dabei sich Hilfe zu holen und macht es in jedem Fall besser als ich es gemacht habe, als ich es hätte tun sollen. Wer weiß vielleicht rettet ihr einen Menschen nicht nur eine Freundschaft!