Chemnitz also … ist auch schon ein paar Monde her und irgendwie auch wieder weg vom Radar, oder?! Keine Sorge, das ist kein Vorwurf, nur eine Feststellung. Schließlich war ich eine von denen, die sich zu dem Thema gar nicht geäussert hat. Nicht, weil es mich nicht tangiert oder interessiert hat, sondern weil das Thema für mich immer aktuell ist. Leider. Ich will aber auch kein Mitleid. Das hilft ja in dem Fall leider gar nicht. Und die Opferrolle steht mir auch nicht, also bewegen wir uns gar nicht erst in die Richtung.
Eigentlich wollte ich ja eine Kolumne zum Thema Rassismus schreiben, aber während ich hier so tippe, fällt mir ein, dass das vor mir schon 1000 andere gemacht habe und ich mir nicht ganz sicher bin, ob die Welt gerade noch so einen Post braucht nachdem im September alle darüber geschrieben haben.
Was vielleicht hilfreicher sein könnte als ein weiterer Blogpost ist eine Liste an Dingen, die man gegen Rassismus tun kann. Da gibt’s nämlich einiges und vielleicht auch ein paar Sachen, die man aus verschiedensten Gründen nicht am Radar hat. So here we go:

 

1. Sei kein Rassist.

Die meisten von euch denken sich jetzt „Das ist doch klaaaar!“, aber ist es das wirklich? Rassismus kommt in so vielen Nuancen und Formen. Neonazi sein, Menschen, die Hitler als Held feiern oder andere Menschen auf Grund ihrer Herkunft und ihres Aussehens als minderwertig sehen, sind nur die hässlichste.
Rassismus ist in unseren Köpfen immer ganz extrem dargestellt, kann aber kleiner oder banaler sein, als man denkt. Das macht sie aber nicht weniger schlimm. So fängt es mit einem dummen Witz oder einem unbedachten Kommentar an, der auch mir übrigens schon mal ausgerutscht ist und endet im schlimmsten aller Fälle mit einer Tat wie sie in Chemnitz passiert ist.
Wenn hier also steht, „Sei kein Rassist“, dann meine ich damit, sei dir dessen bewusst, dass alle Menschen gleich sind und deinen Respekt verdient habe. Egal wie sie aussehen, wo sie herkommen, welche Sprache sie sprechen, was sie anhaben und an wen sie glauben.
Ich kann übrigens auch nicht glauben, dass ich das hier schreibe, aber naja … schaut euch um!

 

 

2. Spiel’s nicht runter!

Schon klar, wenn man selbst die Erfahrung noch nicht gemacht hat, kann man gar nicht wissen wie widerlich sich das anfühlt. Woher denn? Mir fällt auf Anhieb nichts ein womit man es vergleichen kann und ich bin eine schwarze Frau, die in einem Business gearbeitet hat und arbeitet, dass von weißen mehr oder weniger alten Männer geführt wird, die oftmals keine Ahnung von der Thematik, aber vom Geld scheffeln Ahnung hatten. Also nein, ich möchte es auch nicht mit Sexismus vergleichen.

Anyway, finde ich die Tatsache, dass man das Thema runter spielt fast genau so schlimm, wie die Thematik selbst. Ich könnte in die Luft gehen, wenn jemand über eine diskriminierende Erfahrung erzählt und das Gegenüber tut so als wäre die Reaktion vollkommen übertrieben. Wenn ich so etwas miterlebe, lernen mich die Menschen meist von einer Seite kennen von der sich meist nicht wussten, dass sie in mir steckt. Auch, wenn ich’s besser wissen sollte
Rassismus is real, I am sorry und ja, es ist unangenehm. Trotzdem müssen wir uns damit auseinander setzen. Und so zu tun als wäre dem nicht so oder als wären wir hierzulande besser dran als in Amerika ist Bullshit und beim besten Willen kein Massstab.

 

 

3. Sagt was!

Ihr müsst nicht laut werden oder jemanden komplett zur Sau machen. Meistens macht es das nur schlimmer, aber ihr müsst was sagen. Das Schweigen, das wegschauen und so tun als würde euch das alles nicht betreffen hat uns zu dem Punkt gebracht an dem wir jetzt gerade sind.
Der Punkt an dem Neonazis und rechtsgesinnte Volltrottel sich wieder trauen aus allen Löchern zu kriechen, weil sie darauf hoffen auf Gleichgesinnte zu treffen.

Nun, ich weiß, viele von euch da draußen sind konfliktscheu, wollen keine schlechte Stimmung verbreiten und wollen die Oma nicht kränken in dem man sie dran erinnert, dass man „Neger“ nicht mehr sagt und das nicht alle Türken den „Österreichern“ den Job wegnehmen. Aber wieso sollte man ihr das eigentlich nicht sagen? Weil sie alt ist und man sie jetzt auch nicht mehr belehren muss? Ist man jemals zu alt Neues zu lernen oder sind wir einfach zu faul uns damit auseinander zu setzen?

Das gilt übrigens auch für den dummen Arbeitskollegen, der gern mal einen „Jugo“-Witz macht oder sich über die „Kopfträgerinnen“ aufregt. Auch den kann man ab und zu fragen, ob er noch ganz sauber tickt und vielleicht lässt man ihn auch ab und zu vor versammelter Mannschaft auflaufen. Ihr werdet überrascht sein wie vielen ihr damit wahrscheinlich von der Seele sprecht. Und wenn der vertrottelte Arbeitskollege nicht mehr mit euch reden will und stattdessen lieber, hinter eurem Rücken über euch, dann soll dem so sein. So groß ist ja der Verlust ja dann doch nicht.

 

 

4. White Privilege geht alle was an, auch euch!

Ich weiß political correctness ist für viele nervig, nicht wahr?! Es gibt allerdings nur zwei Gründe warum das so sein könnte: White privilege oder Verleugnung! Im worst case, beides! Puh, jetzt habe ich es tatsächlich geschrieben und ich bin auch darauf vorbereitet, dass es einigen die Sicherung durchbrennen wird. Zumindest kurzfristig, aber ich glaube das nehme ich gerne in Kauf.
Sehr wohl bin ich mir dessen bewusst, dass „white privilege“ vielen Leuten sehr unangenehm aufstößt. Wer will denn schon damit konfrontiert werde, dass man sich auf seinen Privilegien ausruht, keine Sorgen um rassistische Diskriminierung machen muss und deswegen ein klein bisschen den Hang zu Realität verlieren kann? Richtig, niemand! But that’s life … blöderweise
Nun, mir ist wichtig, dass ihr wisst, dass ich nicht denke, dass jeder von euch so tickt. Aber das sollte ich euch nicht davor bewahren zu hinterfragen, ob es euch nicht vielleicht doch ab und an passiert, dass ihr euch auf euren Privilegien ausruht. Und wenn ihr dann damit fertig seid, können wir ja dann darüber reden, wie absurd es ist, dass wir in einer Welt leben in der eine Hautfarbe ein Privileg ist. Let that shit sink in for a second …

Kommt mir auch bitte nicht damit, dass ich eine Black Power Kämpferin bin oder so ein shizzle. Mein Freund ist blond, hat blaue Augen und nennt sich Der Kaiser! Somit sollte sich dieses Thema auch wieder erledigt haben…

 

 

5. Think about it!

Bitte hinterfragt alles, was ihr lest. Man nennt es nicht umsonst „gefährliches Halbwissen“. Nicht alles, was glänzt ist Gold und nicht alles, was ihr im Internet und in den Zeitungen lest, ist die Wahrheit. Schon gar nicht wenn’s von den Blättern kommt, die in der Ubahn zur freien Entnahme liegen. Die sind Bullshit, um es beim Namen zu nennen und ihr solltet sie nicht einmal lesen, um euch die Zeit zu vertreiben. Dafür gibt es genug Zeitungen, die Onlineportale haben, die euch bessere und vor allem kritischere und wahrheitsgetreuere Nachrichten übermitteln. Und dazu gehören Blätter, die nach diesem Land oder royaler Kopfbedeckung benannt sind, ganz sicher nicht.

 

 

6. Habt eine Meinung!

Wenn ihr nichts sagt, seid ihr Teil des Problems! In Zeiten von Facebook, Instagram, Twitter und immer steigenden Followerzahlen finde ich nichts verwerflicher als diese Plattformen nicht zu nutzen. Niemand verlangt, dass man bei einer Demo gegen Nazis Front Row mit läuft – obwohl das auch nicht schlecht wäre. Oder dass man sich den ganzen Tag mit nichts anderem beschäftigt als mit der Tatsache, dass auf unserer Erde die Kacke gerade am Dampfen ist.
Aber, wenn ein paar der Menschen da draußen auch nur halb so viel Energie dafür aufwenden sozialkritische Dinge zu thematisieren, wie sie für Fashion, Food, Beauty und Fitness sprechen, posten oder schreiben, wäre schon viel getan.

 

7. Habt eine Meinung!

Im vielen anderen Ländern dieser Welt wird man getötet, wenn man seine eigene Meinung hat und sie vertritt. Das ist in unseren Breitengraden Gott sei Dank nicht so. Nutzt die Chance. Habt eine Meinung und steht dazu. Ihr müsst sie nicht jedem bei jeder Gelegenheit auf’s Auge drücken, aber sie zu haben, ist schon einmal ein guter Start.

Dann wäre da auch noch die Sache mit den Diskussionen. Auf die lass ich mich mittlerweile einfach nicht mehr ein. Naja, so ganz einfach ist es nicht, aber wichtig.
Ich diskutiere zum Beispiel nicht mehr mit ignoranten Menschen. Wozu denn auch? Die möchten das Problem gar nicht verstehen, denen geht’s meist um ihr angekacktes Ego, nachdem man sie darauf hingewiesen hat, wie dumm oder ignorant eine Aussage war, die sie getätigt haben.

Man entwickelt ein Gefühl dafür mit wem es sich rentiert zu diskutieren und mit wem nicht. Es gibt sie, die Leute, die es nicht besser wissen und es verstehen wollen. Obwohl ich nicht ganz verstehe, wie das in Zeiten in denen ein Oompa Loompa der mächtigste Mann der Welt ist und die österreichische Regierung alarmierend viele fragwürdig Aktionen schiebt, noch sein kann. Aber ja, es gibt sie. Mit denen lass ich mich gerne auf eine Gespräch auf Augenhöhe ein, wenn das geht.
Neun Mal kluge Menschen, die tatsächlich nichts daran verwerflich finden, dass da draußen Leute herum laufen, die denken sie sein etwas Besseres, weil sie eine bestimmte Hautfarbe haben, in einem bestimmten Land unter bestimmten Umständen großgeworden sind oder die gar sich selbst so sehen, bekommen von mir nur das Mindestmaß an Respekt geboten. Nicht mehr, höchstens weniger.

Und das gilt auch für all jene, die denken es sei in Ordnung, anderen Menschen in Not nicht zu helfen aus Angst ihnen könnte etwas weggenommen werden – in einer Welt in der wir alles im Übermaß haben. I’m not here for your bullshit. Never have been, never will be! Am Ende sind wir nämlich alle Menschen, die am Klo gleich dämlich ausschauen.

 

 

 

 

Das war jetzt sicher nicht so angenehm zu lesen, wie die meisten meiner Kolumnen, aber dafür um einiges wichtiger. Versucht euch daran zu orientieren, was ich euch geschrieben habe. Wenn ihr es schon nicht für euch tut, dann tut es für eure Kindeskinder, eure Patenkinder, die Kinder eurer Freude oder einfach damit diese Welt in Zukunft ein klein bisschen besser wird. Denn so wie’s aussieht, werden die nächsten Generationen viel bunter und vielfältiger sein als wir es. Rassismus wird’s bis dahin allerdings immer noch geben. Dann will unseren Nachkommen aber guten Gewissens in die Augen schauen können und sagen, dass ich versucht habe etwas gegen diesen Scheiß zu tun.

 

Titelbild shot by Xenia Trampusch